Wenighösbach im Spiegel der Presse – 11.01.1895

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Aschaffenburger Zeitung vom 11.01.1895

Wenighösbach 9. Jan. Der gestrige Tag war für die hiesige Gemeinde ein Festtag seltenster Art: denn es fand dahier im Schulsaal unter Anwesenheit der hiesigen Gemeinde- und Kirchenverwaltung, der hochw. Geistlichkeit und mehrerer Herren Bürgermeister der Umgegend durch Herrn Regierungsrath und Bezirksamtmann Priester von Aschaffenburg die feierliche Ueberreichung der durch Se. k. Hoh. Prinz-Regenten an unseren Bürgermeister und Landrath Hrn. Andreas Staab gnädigst verliehene Silberne Verdienstmedaille der bayerischen Krone statt, an welchem Festakt die ganze Gemeinde herzlichen Antheil nahm. In kerniger, zu Herzen gehender Ansprache gedachte Hr. Regierungsrath Priester der vielen Verdienste unseres Bürgermeisters und Landraths Staab seit seiner nahezu 35jährigen Amtsthätigkeit in hiesiger Gemeinde und betonte u. a. auch, daß durch seine Mitwirkung der religiöse, sittliche Sinn der Gemeinde gehoben und erhalten worden ist und daß durch seine aufopfernde Thätigkeit als Bürgermeister die hiesige Gemeinde als eine der bestsituirten im Bezirk dasteht. Auch die Verdienst des Dekorirten als langjähriges Mitglied des Distriktrathausschusses, sowie als Landrath des Kreises Unterfranken führte Hr. Regierungsrath den Anwesenden anerkennend und rührend vor Augen. Unter beglückwünschenden Worten heftete Hr. Priester dann dem Jubilar das wohlverdiente Ehrenzeichen an die Brust und schloß mit einem Hoch auf Se. k. Hoh. den Prinz-Regenten.

Sodann wurde von der Schuljugend die Luitpolds-Hymne abgesungen. Hr. Bürgermeister Staab dankte für die Ordensverleihung, die er als unverdient betrachten müßte, da es ihm ja die Pflicht geboten habe, als Bürgermeister, Distriktrathsmitglied und Landrath stets für das Wohl der Gemeinde, des Distrikts und des Kreises einzutreten. Auch die Gemeinde ließ es sich nicht nehmen, den Ehrentag ihres Bürgermeisters besonders zu verherrlichen; Herr Beigeordneter Stenger überreichte dem langjährigen Ortsvorstand für seine vielen Verdienste in der Gemeinde ein Ehrengeschenk in der Form eines prächtigen Lehnsessels, den Hr. Staab gerührt dankend annahm. Zugleich richtete er an die Gemeindeverwaltung die Bitte, man möchte wie seither so auch fernerhin ihm treu zur Seite stehen. Damit war der eigentliche Festakt vorüber. Sodann lud Hr. Staab Hrn. Regierungsrath und die übrigen zu diesem Ehrenakt Erschienenen zu einer geselligen Unterhaltung im Bergmann´schen Gasthaus ein. Dort würzten noch Toaste auf Hrn. Regierungsrath Priester, auf Hrn. Pfarrer von Hösbach, der stets treulich zu dem Jubilar gestanden, auf die Gemeindeverwaltung, die ihn, den Bürgermeister, stets so treulich unterstützt, die fröhliche Unterhaltung und kein Mißton störte dieselbe, bis zu später Stunde erst die eingeladenen Gäste ihr Heim aufsuchten.

Text: Ferdi Sauer
Edit: Stefan Sauer

Wenighösbach im Spiegel der Presse 06.01.1900

Beobachter am Main vom 6.1.1900

Wenighösbach, 4. Jan.

In unserer Gemeinde wurde am Jahresschlusse ein seltenes Fest gefeiert, eine wohlverdiente Ehrung für unseren Bürgermeister und Landrat Staab, welcher, nachdem er volle 39 Jahre als Bürgermeister fungierte, sein Mandat wegen vorgerückten Alters niedergelegt hat. Die Gemeinde-Bürger, 50 an der Zahl, haben ihm aus diesem Anlasse ein Geschenk überreicht und ihm zugleich für seine eifrigen Bemühungen, seine Opferwilligkeit und Gewissenhaftigkeit im Interesse der Gemeinde den herzlichsten Dank kundgegeben. Herr Staab hat, um nur einiges von seinen Verdiensten hervorzuheben, das Münchhofgut für die Gemeinde angekauft, unter seiner Amtsführung wurde das Schulhaus erbaut, das Kaplan-Haus renoviert und die Kaplanei gegründet. Zur Deckung der großen Kosten wurde eine Waldfläche abgeholzt und zu Äckern umgewandelt, deren Verkauf der Gemeinde einen so bedeutenden Erlös brachte, daß die Gemeindeumlagen nicht nur nicht erhöht zu werden brauchten, sondern auch noch herabgesetzt werden konnten. Als Landrat hat Herr Staab 24 Jahre gewirkt und den ärmeren Gemeinden viel in dieser Stellung genützt. Die versammelten Bürger brachten ihm bei der Geschenkübergabe noch ein dreifaches Hoch aus, dann zogen sie mit Musik zum neugewählten Bürgermeister und Beigeordneten, die ebenfalls mit einem Geschenk bedacht wurden. Den Schluß bildete ein fröhliches Zusammensein in der Wirtschaft. Möge der liebe Gott unserem alten Bürgermeister Staab noch viele Jahre bescheren, damit er noch lange seinen Nachfolger mit Rat und That.

Anmerkung:

Der Kauf des Münchhofgutes fand wohl auf Initiative von Bürgermeister Staab, der dem Leser schon an anderem Zusammenhang in dieser Rubrik begegnet ist, statt. Die Formulierung “für die Gemeinde” beschreibt die Tatsache, dass das Gut aus dem Eigentum des Klosters Schmerlenbach an eine Genossenschaft von 50 Grundbesitzern aus Wenighösbach verkauft wurde. Das waren alle Einwohner mit Bürgerrecht, also Besitzer von Haus und Hof und somit damals gewissermaßen die gesamte Gemeinde. Die Zahl der Einwohner betrug um 1900 insgesamt 370 Personen.

Bei der abgeholzten Waldfläche handelte es sich um die Waldabteilung “Untere Häg”, die heute allgemein nur als der “Hirtenberg” bekannt ist. Die Rodung wurde bereits 1890 erstmals beantragt, jedoch erst im Oktober 1893 durch “hohen Regierungsbeschluss” bewilligt. Für die Umwandlung der Waldfläche in Ackerland wurde vom kgl. Forstamt Hain eine achtjährige Kulturperiode fest gesetzt. Die Gemeinde war überdies verpflichtet, den Erlös umgehend “rentierend anzulegen” und darüber zu berichten.
Im Zuge dieser letzten, größeren Rodung von Gemeindewald in Wenighösbach, konnten nach und nach 15,84 ha Wald in Ackerland umgewandelt werden. Das neu geschaffene Ackerland wurde dabei in 100 mehr oder weniger gleich große Parzellen von 17 Ar aufgeteilt und an die Gemeindebürger versteigert. Bis September 1901 hatte die Gemeinde 69 Parzellen verkauft. Die neuen Besitzern waren nach dem Erwerb gehalten:… “die Grundstücke bis zur kommenden Herbstsaat zu bestellen”. Über das Ende der Rodung liegen keine Unterlagen vor, sie dürfte aber wahrscheinlich etwa um das Jahr 1903 abgeschlossen worden sein.

Text: Ferdi Sauer