Wenighösbach im Spiegel der Presse – 29.11.1888

Beobachter am Main vom 29.11.1888 –

Wenighösbach, 24. Nov.

Jetzt erst ist es ermöglicht, den Ausfall der diesjährigen Ernte constatiren zu können. Die Obsternte, welche vor 2 Jahren ca. 35.000 M. dahier eintrug, war dieses Jahr um die Hälfte geringer. Der Grund liegt einestheils in den niedrigen Obst- bezw. Verkaufspreisen, anderntheils in dem nicht so reichlichen Ertrage. Während im Jahr 1886 alle Sorten Obstbäume sehr reichlich Früchte trugen, so war nur in diesem Jahre der Ertrag einzelner Obstsorten, als Hofäpfel, Renette, Pariser sehr ergiebig, dagegen hatten die anderen Obstsorten nur wenigen Ertrag geliefert. Das Leseobst wurde mit M. 1.20 bis 1.50, das geschüttelte Kelterobst mit M. 2.20 bis 2.50, das gebrochene Obst mit M. 2.70 bis 3.20 bezahlt. Von den hier wachsenden Pariser wurde von Seite einer Obsthandlung fast Alles aufgekauft und der Zentner mit 7 Mk. bezahlt. Die Kartoffelernte befriedigt im Allgemeinen; wenn auch constatirt werden muß, daß auf schwerem Boden in diesem Jahre durch die große Nässe des Sommers 25 bis 30 pCt. als angefault erkannt werden müssen. – Die Getreideernte entspricht im Durchschnitt einer guten Mittelernte. – Das Kraut war in diesem Jahre sehr schön und wurde das Hundert mit 5 bis 6 M. bezahlt. – Der Weinbau entspricht einem herben und sauren 1888er, der nicht gut, nämlich im reinen, unverfälschten Zustande an den Mann gebracht werden kann. – Die Heuernte war durchschnittlich gering, dagegen wurde dieselbe durch den zweiten Schnitt des Grases, das in Folge des regnerischen Sommers sich kräftig entwickelte, etwas ausgeglichen. So ist nun wieder ein Erntejahr vorüber, aber leider ein mageres. Hoffen wir nun, daß für das Jahr 1889 der Landmann einen reichlicheren Segen sich versprechen kann, da ja in jetziger Zeit bei der Theuerung der Lebensmittel, der Kostspieligkeit der Arbeitskräfte die landwirthschaftlichen Verhältnisse sehr gedrückt darniederliegen.

Anmerkung:

Die hohe, wirtschaftliche Bedeutung des Obstbaus nicht nur für Wenighösbach sondern auch für unsere Region, verdeutlichen folgende Zahlen.

Wenighösbach bestand 1870 aus 52 Wohnhäusern. Pro Anwesen entfielen aus dem Erlös der Apfel Ernte 1886 also 673 Mark. Im Jahr 1905 zählte man erst 57 Wohnhäuser. Auch wenn man den Ertrag auf die 91 Haushalte des Jahres 1870 aufteilt, ergibt das immerhin den Betrag von 385 Mark pro Haushalt. Der durchschnittliche Jahres Lohn eines Fabrikarbeiters in Deutschland, bewegte sich um 1900 zwischen 600 und 700 Mark.

Preise um 1900

1 Kilo Schweinefleisch: 1 Mark, 50 Pfennig
1 Kilo Pferdefleisch: 50 Pfennig
1 Kilo Butter: 1 Mark, 86 Pfennig
1 Liter Milch: 20 Pfennig 
1 Kilo Roggenbrot: 23 Pfennig 
1 Kilo Weizenmehl: 36 Pfennig
1 Kilo Zucker: 65 Pfennig
1 Kilo Kaffee: 4 Mark, 15 Pfennig
1 Mandel Eier (15 Stück): 73 Pfennig
1 Zentner Kartoffeln: 2 Mark, 63 Pfennig
1 Liter Bier: 24 Pfennig

Quellen: Dorfchronik Wenighösbach: Bevölkerungsentwicklung von 1551-1972 / Geschichtsforum.de: Preise um 1900

Text: Ferdi Sauer

Wenighösbach im Spiegel der Presse – 21.11.1877

Beobachter am Main vom 21.11.1877

Ausschreiben.

In der Nacht vom 15. auf 16. curr. wurde im Orte Wenighösbach ein Diebstahl an folgenden zum Trocknen aufgehängten Waschstücken im Gesammtwerthe von 92 M. 90 Pf. verübt, nämlich

1 baumwollner Bettüberzug, weiß und roth gewürfelt mit blau und gelben Streifen, 1 baumwollener Frauenrock, roth und blau gestreift,  2 Frauenhemden, halb Leinen,
2 baumwollene Mannshemden, ohne Binde an den Aermeln,
1 Leintuch von Leinwand,
3 baumwollene Knabenhemden,
1 leinenes Mannshemd,
1 leinenes Knabenhemd,
4 Kinderhemden, halb Leinen, halb Baumwolle
2 leinene Tischtücher gerippt,
2 baumwollene Kissenüberzüge, roth und weiß gewürfelt mit blau und gelben Streifen und weiß leinenem Grund,
1 baumwollener Bettüberzug roth und weiß gewürfelt mit weiß baumwollenem Grund,
1 Leintuch von grober Hausleinwand,
2 Mannshemden, halb Leinen halb baumwollen,
1 baumwollener Bettüberzug roth und weiß gewürfelt mit weißem baumwollenen Grund,
2 baumwollene Kissenüberzüge roth und weiß gewürfelt,
1 Sacktuch, roth mit gelben Blumen,
1 weißbaumwollenes Mannshe
md „A.B.“ gezeichnet,
1 weißleinenes Leintuch, alt,
1 weißbaumwollenes Mannshemd, neu,
1 halbleinenes ditto,
1 weißleinenes Mannshemd „G.St.“ gezeichnet,
1 Frauenhemd von grober Leinwand „M.St.“ gezeichnet,
1 Leintuch desgleichen,
1 Paar weißwollene Socken,
1 Mannshose von grauem Tuche,
1 Weste von gleichem Tuche,

Ich verfüge Spähe.

Aschaffenburg den 19. November 1877

Der k. Untersuchungsrichter: Scheuerer

Anmerkung:

Solch reiche Beute, immerhin 38 Teile und in der beschriebenen Qualität und Vielfalt, konnten die unbekannten Diebe vermutlich nicht von jeder Wäscheleine in Wenighösbach abnehmen.

Anhand der Initialen liegt die Vermutung sehr nahe, dass die unbekannten Diebe sich an der Wäsche des damaligen Ortsvorstehers, Georg Andreas Staab und dessen Ehefrau Magdalena vergriffen hatten.

Von einem wie auch immer gearteten Erfolg der verfügten „Spähe“, wird im „Beobachter am Main“ in der Folgezeit nichts berichtet.

Georg Andreas Staab begleitete das Amt des Ortsvorstehers von 1860 bis 1899. In seiner Amtszeit wurden unter Anderem wichtige Vorhaben wie z.B. der Kauf des Münchofs 1888 und die Errichtung der Lokalkaplanei 1893 realisiert.

Text: Ferdi Sauer

Wenighösbach im Spiegel der Presse – 03.11.1915

Beobachter am Main vom 3.11.1915

Wenighösbach, 30. Okt. Auf bedauerliche Weise büßte Frau Hein von hier ihr rechtes Auge ein. Ein mit der Stange herab geschlagener Apfel traf ihr ins Auge, was den Verlust des Auges zur Folge hatte. – Die hier beschäftigten französischen Kriegsgefangenen kommen heute wieder nach Lager Hammelburg zurück, wenn auch ungern; nur einige bleiben zurück, die zur Arbeit noch benötigt werden.

Beobachter am Main vom 11.11.1915

Wenighösbach, 8. Nov. Wiederum wurde unsere Gemeinde in Trauer versetzt, durch den Tod des Kriegers Jakob Völker, der in Frankreich von einer Granate getroffen wurde. Es ist das neunte Kriegsopfer und der erste Familienvater, der aus unserer Gemeinde fiel. Er möge ruhen bei den übrigen Helden im Lande des Friedens!

Anmerkung:

Bereits Anfang Sept. 1914 wurden der Gemeinde Wenighösbach zur Mithilfe bei der reichen Apfelernte 24 franz. Kriegsgefangene zugeteilt. Laut der Dorfchronik Wenighösbach, hatte man zum Quartier der Gefangenen ausgerechnet das Gasthaus „Zur frischen Quelle“ für geeignet befunden. Obwohl von drei Wachleuten bewacht kam es, vermutlich auch wegen der leichten Erreichbarkeit alkoholischer Getränke, „zu mancherlei Missbrauch“ durch die Gefangenen.  Dass man nur ungern nach Hammelburg zurückkehren wollte, mag unter anderem auch in diesem Umstand begründet gewesen sein. 

Text: Ferdi Sauer

Wenighösbach im Spiegel der Presse 29.10.1879

Nachdem bereits in einem der Bände des Geschichtsvereines Hösbach mit dem Titel: „Hösbach in der Presse von anno dazumal“ von der Unterafferbacher Kerb von 1889 als einem gefährlichen Pflaster berichtet wurde, scheint ein weiterer Bericht von einem schlimmen Vorfall auf der Kerb, der sich 10 Jahre zuvor ereignete, dies zu bestätigen.  

Beobachter am Main vom 29.10.1879

Vom Vorspessart, 28. Okt.

Eine eigenthümliche Feuerwehr-Uebung kam am vergangenen Sonntag in Unterafferbach vor. Dort wurde nämlich Kirchweihe gefeiert, wobei Tanzmusik nicht fehlen durfte. Gegen Abend kam nun die freiw. Feuerwehr von Wenighösbach aus Damm zurück, wo sie dem 10jährigen Stiftungsfeste der dortigen Feuerwehr beiwohnte. Dieselbe nahm ihren Heimweg über Unterafferbach, um doch auch am Kirchweih-Vergnügen Antheil zu nehmen. Nachdem dieselbe eine Zeit lang sich in der Wirthschaft des P. Kraus gütlich gethan und von den Strapazen des Tages ausgeruht hatte, begab man sich in das Tanzlokal des Wirthes Maidhof. Einige Feuerwehr-Mitglieder betheiligten sich am Tanze und zwar in ihrer Ausrüstung mit den Feuerwehr-Beilen an der Seite. Da sie auf erfolgte Aufforderung diese Waffen nicht weglegten, so entstand bald ein Wortwechsel, welcher schnell in Thätlichkeiten überging. Man griff zu den Messern, was zur Folge hatte, daß 2 junge Männer von Unterafferbach tödtlich getroffen zusammenstürtzten. Der eine davon ist heute Nacht seiner Verwundung bereits erlegen und am Aufkommen des anderen wird sehr gezweifelt. Das ist wieder ein trauriger Beweis von den schlimmen Folgen der Tanzmusiken, zeigt aber auch, wie leicht die freiw. Feuerwehr ihren Beruf vergessen kann, besonders, wenn hochmüthige Leute darunter sind, denen es weniger um die Erfüllung ihres ernsten Berufes zu thun ist, als vielmehr darum, sich sehen zu lassen und, wie man sagt, ein Männchen zu spielen. Daß der wahre Beruf der Feuerwehr ein schwerer und ernster ist, das weiß Jedermann zu würdigen, aber auch um so größere Mißbilligung finden solche Ausschreitungen! – (Wie wir hören, soll bereits Einer als der That Beschuldigte in die hiesige Frohnveste eingebracht worden sein.)

Wenighösbach im Spiegel der Presse 17.10.1888

Wir möchten an dieser Stelle ab sofort Zeitungsnotizen aus vergangenen Tagen, speziell über Wenighösbach vorstellen.

Welch hohe wirtschaftliche Bedeutung der Obstanbau für unsere Großeltern und Urgroßeltern hatte, mag folgende kurze Nachricht aus dem „Beobachter am Main“ verdeutlichen.

Beobachter am Main vom 17.10.1888

Wenighösbach, 15. Okt. Mit einer Fuhre gebrochenen Obstes nach Frankfurt unterwegs stürzte der Landwirth Andreas Staab II. vorgestern Abend unterhalb Stockstadt und erlitt bei diesem Fall einen linken Armbruch. Herr A. Staab, ein fleißiger und tüchtiger Oekonom von hier, wird deshalb von sämmtlichen Ortsangehörigen bedauert.

Wie Andreas Staab II. nach Frankfurt gelangte, geht aus dem kurzen Bericht leider nicht hervor, höchst wahrscheinlich benutzte er ein Pferdefuhrwerk. Das bedeutete für ihn eine Tagesreise von 8 -10 Stunden Dauer. Eine solch lange Fahrt auf sich zu nehmen lässt daher unschwer auf gute Erlöse aus dem Verkauf der Äpfel schließen.

Auch wenn Apfelbäume auch heute noch einen prägenden Bestandteil unserer Landschaft bilden, so hat der Obstanbau in unserer Gegend schon seit Jahren nur noch geringe wirtschaftliche Bedeutung.

Ganz anders war dies, nicht nur in Wenighösbach, im 19. Jahrhundert und noch bis in die 1960er Jahre der Fall.

In dem kleinen Dorf mit ca. 650 Einwohnern gab es damals nicht weniger als sechs Keltereien. Neben den beiden Gastwirtschaften und in der Kelterei E. Bergmann standen noch drei weitere Keltern als Nebenerwerb in bäuerlichen Anwesen.

Herzlichen Dank an Waltraud und Helmut Henkel, die historische Zeitungsartikel in jahrelanger Fleißarbeit aus div. Archiven zusammen getragen haben und uns diese freundlicherweise in digitaler Form zur Veröffentlichung an dieser Stelle zur Verfügung gestellt haben.

Eine Zusammenfassung der Zeitungs Ausschnitte wurde in drei Bänden unter dem Titel: „Hösbach in der Presse von anno dazumal“ vom Geschichtsverein Hösbach herausgegeben.