Erklärung
Der in der Aschaffenburger Zeitung Nro. 296 und im Aschaffenburger Intelligenz-Blatte Nro. 199 erwähnte und für die hiesige Gemeinde so unangenehme Vorfall bestand lediglich darin, daß einige von den dort genannten Burschen im trunkenen Zustande sich zu der Neckerei hinreißen ließen, mehrmals „Jöcher“ zu rufen, weswegen sie hierorts auch einen Verweis erhielten, und die Ortsangehörigen von Wenighösbach öffentlich um Entschuldigung bitten lassen.
Daß der ungenannte, aber wohlbekannte Verfasser des betreffenden Artikels darüber in solche Hitze kommen konnte, ist unbegreiflich, da er zu Wenighösbach weder heimathsberechtigt oder geboren, noch daselbst z. Z. ansässig ist, und dieses Wort im hiesigen Wirthshause schon öfter gebrauchte. Gegenwärtiges zur Aufklärung der Sache wahrheitsgetreu nach genauester Erkundigung.
Rottenberg, am 14. Dezember 1864
Die Gemeindeverwaltung
Bergmann, Vorsteher.
Bergmann, Pfleger.
Rosenberger, Staab, Amrhein, Deputirte.
Anmerkung:
Nach mündlicher Überlieferung lagen sich auf der Winnhäisbicher Kerb, gemäß guter, alter Tradition, Burschen aus Wenighösbach und aus den Nachbarortschaften wieder einmal in den Haaren.
Der Kampf, ausgetragen beim “Innäwätt” (Unterwirt) dem alten “Gasthaus zum Ochsen”, wogte lange Zeit unentschieden zwischen den Kontrahenten hin und her. Ein Einheimischer gab mit dem Schlachtruf: “Gäit naus, hullt die Jöcher vom Scheirndoor unn schloacht mit druff”, der Schlägerei eine entscheidende und für die auswärtigen Teilnehmer sehr unangenehme Wendung.
Wegen der Schmach der erlittenen Niederlage und erst recht durch den Einsatz der von den Wenighösbachern zweckentfremdeten Zugvorrichtungen für Rinder als Waffen, blieb den Unterlegenen diese “Winnhäisbicher Kerb” noch lange in unschöner Erinnerung. Das hatte wohl zur Folge das man von unterlegener Seite, gewissermaßen als Rache, fortan die Wenighösbacher insgesamt mit der Bezeichnung “Jöcher” zu kränken versuchte.
Die zeitliche Nähe der Wenighösbacher Kerb, die gut vier Wochen vor diesem “unangenehmen Vorfall” gefeiert wurde könnte durchaus darauf hindeuten, dass auf dieser Kerb des Jahres 1864 vielleicht auch die Bezeichnung “Jöcher”, für die Wenighösbacher schlechthin, geboren wurde.
“Die Zeit heilt alle Wunden”, so sagt man sicher nicht ganz zu Unrecht. Denn, was damals die Presse und die Lokalpolitik beschäftigte und gar zu einer hoch offiziellen Entschuldigung der Gemeinde Rottenberg führte, zählt heute eher zur Kategorie: “Lustige Geschichten aus vergangenen Tagen”. So verwundert es nicht, dass die Blaskapelle Wenighösbach selbstbewusst den Markennamen
“Die Jochbachtaler” führt.
Heute werden die Bezeichnungen “Joch” für Wenighösbach oder “Jöcher” für seine Bewohner, wenn sie denn meist schmunzelnd und neckend noch gebraucht werden, von den solcherart titulierten nicht mehr als “Ounoame” gesehen sondern eher als altbekannter und inzwischen in der Nachbarschaft fast gängiger Zweitnamen ihres Dorfes und seiner Menschen.
Text: Ferdi Sauer