Wenighösbach im Spiegel der Presse – 28.01.1888

Aschaffenburger Zeitung vom 28.01.1888 

 Wenighösbach, 18. Jan.

In verflossener Woche ging das in hiesiger Gemeindemarkung liegende, dem königlichen Seminarfonde Aschaffenburg gehörige Gut Münchhof durch Kauf an 50 hiesige Grundbesitzer um den Preis von insgesamt 70.000 M. über. Die notarielle Verlautbarung des in 50 Theile getheilten Gutes fand am 19. ds. Mts. durch den kgl. Notar Herrn Alzheimer von Aschaffenburg dahier statt. Der kgl. Seminarfond war vertreten durch den kgl. Rath Herrn Scholz von Aschaffenburg.

Auf einen der Käufer entfiel ca. 1 Hektar Feld und Wiesen. Die Gebäulichkeiten und einige an diese anstoßende Grundstücke erwarb der seitherige Pächter um den Betrag von 9.000 M.
Die für die hiesigen Gemeinde Einwohner so wichtige Lebensfrage der Erwerbung des Münchofgutes ist nun zur Zufriedenheit für diese, sowie für den kgl. Seminarfond gelöst, da letzterer hiedurch eine bedeutend höhere Rente erzielt.

Anmerkung:

Der „Münchhof“, der von dem in Aschaffenburg lebenden Bürger Ludwig, genannt Slicher und seiner Ehefrau Gisela 1308 für 110 Pfund Heller an das Kloster Schmerlenbach verkauft wurde, wechselte wie viele andere Klöster und geistlichen Besitztümer im Zuge der Säkularisation 1803 seinen Besitzer. 

Neuer Eigentümer wurde der Mainzer Kurfürst und Erzbischof Karl Theodor von Dalberg, der das Kloster mit all seinen Besitztümern seiner Verwaltung unterstellte. Damit endete die nahezu 500-jährige Zugehörigkeit des Münchhofes zum Kloster Schmerlenbach. Das Kloster mit seinen gesamten Erträgen diente von nun an dem 1807 errichteten Seelsorger-Seminar in Aschaffenburg als Fond und bildete damit die finanzielle Grundlage des Seminars. Mit dem Verkauf an eine Genossenschaft von 50 Wenighösbacher Ortsnachbarn endete am 19. Januar 1888 die lange Geschichte dieses Großhofes. 

Die notarielle Bestätigung des Kaufvertrages fand in einem Nebenzimmer „des Bergmann’schen Wirtshauses“, dem heutigen Hotel „Zum Ochsen“, statt.

Mit dem Erwerb des Münchhofes, mit seinen gut 64 ha Grundbesitz, wurde Wenighösbach jetzt zu den reichsten Bauerndörfern am Untermain gezählt.

Text: Ferdi Sauer
Edit: Stefan Sauer

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