
Aschaffenburger Zeitung vom 19.02.1889
Wenighösbach, 18. Februar
Seit ganz kurzer Zeit wird unsere Gegend von einem Individuum heimgesucht, das sich die Aufgabe gestellt hat, durch angebliche Rekommandation* und auf jeden Fall gefälschtes Attest des Pfarramts Hösbach Gelder für die Erbauung der Kirche zu Waldaschaff zu sammeln.
Natürlich haben auf diese Vorspiegelungen und die schönen Redensarten desselben im hiesigen Orte wie in den Orten der Nachbarschaft für diesen guten und wohltätigen Zweck die Bewohner ihm Geldgeschenke von 20 Pf. bis 1 M. und noch mehr anvertraut. Dabei führt derselbe eine Liste, durch die er den Glauben der Bewohner stärkt, daß er vom Bürgermeister oder einem angesehenen Bewohner des Ortes, bei dem er gar nicht vorsprach und die auch nichts davon wissen, 1 M. und noch mehr erhalten habe.
Der Betreffende soll auch den Verschleiß von Gruppenstatuetten gegen Ratenzahlungen betreiben. Derselbe – schon zwei Mal in unserem Orte – gab das erste Mal an, von Keilberg, das zweite Mal von Karlstadt zu sein. Ersuchen wir deshalb alle Bewohner der hiesigen Gegend, bei denen dieses Individuum wieder auftaucht, Sorge tragen zu wollen, daß er festgehalten wird.
Anmerkung:
Spitzbuben gab es offensichtlich schon immer: “ Damals wie heute auf der Suche nach Beute.“
*Rekommandation = englisch „Empfehlung“.
Um diese Zeit verdiente ein Arbeiter im Deutschen Reich durchschnittlich 58 Reichsmark im Monat.
Text: Ferdi Sauer
Edit: Stefan Sauer