
Beobachter am Main vom 18.2.1887
Aufgebot.
Todeserklärung betr.
1. Staab Philipp von Wenighösbach und dessen Ehefrau Katharina, geb. Hein aus Goldbach, sowie deren Söhne Conrad Staab, geboren 28. Juni 1844 und Michael Staab, geboren den 11. Dezember 1851, welche mitsammen Anfang der fünfziger Jahre nach Amerika auswanderten,
2. Justina Englert, geb. 20. Okt. 1848, Schuhmacherstochter von Waldaschaff, welche vor ungefähr 32 Jahren nach Amerika auswanderte und
3. Georg Hock, geb. 10. Juni 1829, Müller aus Waldaschaff, welcher vor 34 Jahren in die Fremde zog,
sämmtliche Personen seit mehr als 10 Jahren verschollen, sollen nach Antrag
zu I des Landwirths Karl Klein zu Goldbach und der Wiesenwarthseheleute Georg und Agnes Maier von Schmerlenbach,
zu II der Taglöhner Dominian, Georg, Johann und Anton Englert von Waldaschaff und
zu III des Müllers Lorenz Hock von Waldaschaff, der ledigen Eva Hock von dort und des Müllers Johann Hock von Hain für todt erklärt werden.
Es ergeht nun die Aufforderung,
1. an die Verschollenen, spätestens in dem hiemit auf
Mittwoch, den 21. Dezember 1887,
nachmittags 3 Uhr,
im diesgerichtlichen Sitzungssaale anberaumten Aufgebotstermine persönlich oder schriftlich bei Gericht sich anzumelden.
2. an die Erbbetheiligten, ihre Interessen im Angebotsverfahren wahrzunehmen,
3. an alle diejenigen, welche über das Leben der verschollenen Kunde geben können, Mittheilung hierüber bei Gericht zu machen.
Aschaffenburg, den 13. Februar 1887.
Kgl. Amtsgericht.
Behringen, Amtsrichter.
Anmerkung: Mitte der 1850er Jahre kam es in unserem Gebiet, wie überall in Deutschland, zu einer ersten großen Auswanderungswelle. Vorangegangen waren mehrere Missernten und dadurch bedingte Hungersnöte. Hauptursache dafür waren extreme Wetterverhältnisse mit teils zu nassen, teils extrem trockenen Sommern Anfang der 1850er Jahre. Viele Menschen suchten daher durch Auswanderung in das „gelobte Land“ Amerika, ihren widrigen Lebensumständen zu entkommen. Dort lockte die Chance auf günstigen Landerwerb oder gar die kostenlose Zuteilung von Ackerland und damit für einen Neuanfang. Offensichtlich gelang dieses Vorhaben keineswegs allen Auswanderern, sondern endete nicht selten in einer Tragödie.
Phillip Staab wohnte mit seiner Familie bis zu seiner Auswanderung, spätestens im Jahr 1854, in der Hs.-Nr. 53 heute Wickgasse 1.
Das Haus wurde „infolge Verlassenschaft“ im gleichen Jahr für 325 fl. von der Gemeinde Wenighösbach ersteigert. Das Haus diente zunächst als Armenhaus. 1922 wurde es als Schwesternwohnhaus und zur „Kinderbewahranstalt“ umgebaut, diese Funktion hatte es bis zum Bau des neuen Kindergartens 1968.
Text: Ferdi Sauer
Edit: Stefan Sauer